Sonntag, 4. November 2012

Weiß-goldener Oktober – des längst überfälligen Blogeintrages letzter Teil

Nun denn, ohne große Umschweife, Teil zwei:

Samstagmorgens um sieben klingelten die Wecker. Das hatte weniger mit Selbstdisziplin, sondern mehr mit purer Notwendigkeit zu tun: Das Zmorge gab es, wie das für Berghütten üblich ist, nur bis um acht – und ohne die Kaloriendepots nochmal aufgefüllt zu haben, wollte sich nun wirklich niemand wieder auf den Weg machen.
Mit dem Blick auf die Flanke des Piz Kesch, an dem gerade die ersten Sonnenstrahlen ihre Bergtauglichkeit erprobten, wurde noch einmal kurz die Route besprochen: Über den auf etwa 2700 Metern gelegenen Sertigpass sollte der Weg in einen oberhalb von Davos gelegenen Weiler, nach Sertig Dörfli, führen. Die Tour versprach wieder einigermaßen anspruchsvoll zu werden – zumindest was die Ausdauer betraf –, denn zwar ging es dieses Mal hauptsächlich talwärts, dafür war die Strecke um einige Kilometer länger (gut elf Kilometer im Vergleich zu den gut fünf Kilometern des Aufstieges).

Die eingangs erwähnten Sonnenstrahlen hatten den Weg in die tieferen Lagen noch nicht gefunden, als wir uns – frisch gestärkt, mit Marschtee* versorgt, vollbepackt und noch leicht fröstelnd – wieder in Bewegung setzten:


Nach und nach wurden die Schatten kürzer:


Als wir schließlich unseren Weg in der Sonne laufend fortsetzen konnten, entdeckten wir am Rand des Pfades bemerkenswerte Eisstrukturen, die wie kleine Nadeln aus dem Boden ragten:


Schnell entspannte, nein, entspann sich eine Diskussion, wie diese wohl zustande gekommen sein konnten: Während das eine Lager der Meinung war, dass die Stäbchen als Überbleibsel beim Abtauen entstanden wären, ging die andere Seite davon aus, dass sie – im Gegenteil – beim Gefrieren auskristallisierten. Für die interessierten Leser: Die Lösung kann hier nachgelesen werden. Wie dem auch sei, es sollte nicht die letzte interessante Eisformation des Tages gewesen sein:


Noch einmal galt es nun, einige Meter aufzusteigen: Entlang eines kleinen Bachs …


… führte der Weg uns zu unserem ersten kleinen Zwischenziel, dem Lai da Ravais-ch [sic], …


… an dessen Ufer wir eine Rast einlegten um unser zweites Frühstück oder  – je nach Sichtweise – unser Mittagessen einzunehmen.
War die Steigung bis hierhin noch fast unmerklich bis sanft ausgefallen, so nahm sie auf dem folgenden Abschnitt wieder deutlich zu, was ein Aufsplittern der Wandergruppe zur Folge hatte. Die nun anstehenden Höhenmeter waren dann auch die anstrengendsten, vereinten sie doch das stellenweise Einsinken in Tiefschnee, die größte Steilheit sowie die höchste Lage der gesamten Strecke in sich.
Irgendwann hatten es dann aber alle geschafft: Auf dem Sertigpass …


… trafen wir wieder zusammen. Der Lohn der Mühen war ein beeindruckendes Panorama nach allen Seiten, das wir dann auch ausgiebig genossen, während wir Kraft und Sonne tankten:



Der höchste Punkt war erklommen, von jetzt an ging es also nur noch talwärts. Dennoch wurde dann auch der erste Teil des Abstieges nicht ganz einfach, denn er führte über ein Schneefeld am Hang entlang und verlangte dabei den Wanderern mit Höhenangst ein gewisses Maß an Nervenstärke ab:


Schließlich (um genau zu sein, fünfhundertzweiundvierzig Höhenmeter tiefer) hatten wir den Schnee hinter uns gelassen und legten am Grüensee unsere nächste Pause ein:


Was dann noch folgen sollte, war im Vergleich zu vorher ein Spaziergang: Einem breiten Weg, der gegen Ende hin sogar geteert war, folgten wir die letzten Kilometer bis ins Dorf Dörfli, konnten dabei noch einmal die Farben des Herbstes …


… und ein beeindruckendes Bergpanorama genießen:


In einer kleinen Wirtschaft kehrten wir ein und verbrachten dort, in der immer noch kräftigen Nachmittagssonne sitzend, die Zeit, bis uns schließlich der Postbus zum Bahnhof brachte, von wo aus wir unsere Heimreise antraten.

Als Fazit bleibt mir zu schreiben, dass ich dieses Mal die Graubündner Bergwelt von ihrer schönen Seite erleben durfte: Im Sommer war ich zwar schon einmal zum Wandern dort unten gewesen, aber leider hatte es damals an zwei von zweieinhalb Tagen geregnet.

Übrigens ist der Plan, nach Sommerzeit weiterzuleben, letzte Woche leidlich aufgegangen: Immerhin konnte ich bis in den Freitag etwa eine halbe Stunde am Morgen herüberretten. Das aber nur der Vollständigkeit halber.

*Marschtee, der: Vom Hüttenwart am Morgen bereitgestellter, meist gesüßter Kräutertee, den sich die Übernachtungsgäste für die Wanderung (den "Marsch") des neuen Tages in ihre Trinkflaschen abfüllen können. [Versuch einer Definition von mir, in Ermangelung einer besseren]

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