Sonntag, 7. März 2010

Drivin' USA – The American Way of Life, Teil 3

Auf unserer Nationalpark-Tour vor ein paar Wochen bin ich zum ersten Mal in den Genuss gekommen, nicht nur als Fußgänger und Fahrgast, sondern als aktiver Fahrer am amerikanischen Straßenverkehr teilzunehmen. Grund genug, sich mit einigen der Unterschiede zwischen deutschem und amerikanischem System zu beschäftigen.

Die wichtigste Erkenntnis zu allererst: Im Großen und Ganzen musste ich mich nicht sehr umstellen: Auch in den USA wird rechts gefahren, auch in den USA hält man an roten Ampeln an und fährt bei grün. Doch bei den Ampeln fangen die Unterschiede schon an:


Wie man hier unschwer erkennen kann, sehen die normalen Ampeln zwar genauso aus wie in Deutschland, sind aber an anderer Stelle angebracht. Sie befinden sich nämlich nicht vor, sondern hinter der Kreuzung, für die sie gelten. Wer also erst direkt vor einer roten Ampel zum Stehen kommt, der hat etwas falsch gemacht – und zwar die Kreuzung widerrechtlich überfahren. Das ist mir selbst zum Glück nicht passiert, ich habe aber entsprechendes von anderen Deutschen erzählt bekommen.

Ein weiterer Unterschied: Ist eine Ampel rot, so darf man dennoch rechts abbiegen, nachdem man sich vorher versichert hat, dass die Fahrbahn frei ist – analog zum grünen Pfeil Grünpfeil in Deutschland. Allerdings gilt diese Regel nicht in allen Staaten der USA – das Verkehrsrecht ist hier nämlich generell Sache der Einzelstaaten.

Und noch ein letztes zu den Ampeln, diesmal aus Sicht des Fußgängers: Hält man sich hier an die schöne Regel Bei Rot stehen, bei Grün gehen, so hat man einige Zeit zu warten – unter Umständen ziemlich lange. Denn eine Fußgängerampel wird in Utah grundsätzlich nicht grün, sie wird weiß! Ein kompletter Ampelzyklus sieht folgendermaßen aus:


Die Zeichen sind selbsterklärend (was mich nicht davon abhält, sie trotzdem zu erläutern): Leuchtet die weiße Person auf (links), ist der Weg frei, leuchtet die rote Hand auf (rechts), sollte man besser stehenbleiben. Bleibt noch das mittlere Bild, das in etwa einer Gelbphase für Fußgänger entspricht: Hier blinkt die rote Hand und die Sekunden bis zur Rotphase werden daneben heruntergezählt. Wie lange man allerdings während dieser Phase noch gefahrlos loslaufen kann, ist von Ampel zu Ampel ziemlich unterschiedlich: An manchen Stellen springt die Fahrbahn-Ampel sofort nach Ablauf der Sekunden auf grün, an anderen vergeht noch bis zu einer weiteren halben Minute. Dumm nur, dass man das vorher nicht weiß. Als Faustregel gilt deshalb (zumindest für mich): Sobald die Uhr läuft, abschätzen, ob die Sekunden noch zum Überqueren der Fahrbahn reichen und im Zweifelsfall lieber stehen bleiben und sich dann ärgern, wenn doch noch genügend Zeit geblieben wäre.

Was man auf den Bildern nicht sieht: Begleitet wird die Weißphase in Salt Lake City von einem Tonignal für Blinde und Sehbehinderte – und zwar spezifisch für Ost-West-Richtung bzw. Nord-Süd-Richtung, einheitlich für die gesamte Stadt (die ja in einem Gittermuster aufgebaut ist, wir erinnern uns). Ob dieses (vielerorts ziemlich laute) Signal allerdings während der Nachtstunden abgeschaltet wird oder ob man sich als Anwohner einer Ampel auch noch um vier Uhr morgens von einem elektronischen Kuckuck (Nord-Süd-Richtung) bzw. Spatz (Ost-West-Richtung) belästigen lassen muss, entzieht sich momentan meiner Erinnerung.

Soviel zum Thema Ampeln, ich bleibe aber noch bei Kreuzungen, denn hier gibt es noch eine weitere, für mich zu Beginn ziemlich kuriose Besonderheit: Den sogenannten All-way stop. Was verbirgt sich dahinter? Dazu muss ich ein bisschen ausholen: Kommt man in Deutschland an eine Kreuzung oder Einmündung gleichberechtigter Straßen, so gilt die Regel Rechts vor Links. Und auch in den USA gibt es diese Regel wohl, mir ist jedoch keine Kreuzung bekannt, wo sie tatsächlich angewendet wird. Im Regelfall hat nämlich immer eine Straße die Vorfahrt (was allerdings nicht durch ein extra Vorfahrtszeichen angezeigt wird). Der kreuzenden Straße wird, angezeigt durch Stoppzeichen, eine niedrigere Priorität eingeräumt. Nun aber zum All-way stop: Treffen doch einmal Straßen gleicher Priorität aufeinander, so erhalten alle Seiten ein Stoppzeichen, oft noch versehen mit dem Zusatz 4-Way (für Kreuzungen) bzw. 3-Way (für Abzweigungen) darunter. Das bedeutet dann: Wenn man, egal von welcher Seite, an die Kreuzung kommt, muss man auf jeden Fall anhalten, sich versichern dass alles frei ist, und kann dann, wenn dem so ist, weiterfahren. Interessant aber wird es, wenn von mehreren Seiten Fahrzeuge an eine solche Kreuzung kommen. Dann heißt es nämlich: Aufmerksam sein! Es gilt: Wer zuerst an die Kreuzung kam, hat das Recht zu fahren. Anschließend wird abwechselnd aus den verschiedenen Richtungen gefahren, bis die Kreuzung wieder leer ist. Problematisch kann das natürlich dann werden, wenn mehrere Fahrzeuge beinahe zeitgleich gleichzeitig die Kreuzung erreichen. Dann gilt wohl, wenn ich den englischen Wikipedia-Eintrag zum Thema richtig verstanden habe, auch die Regel rechts vor links. Aus meiner Erfahrung wird hier aber eher mit Blickkontakt und Handzeichen für Ordnung gesorgt. Was mich am meisten überrascht hat: Das System funktioniert meistens gut und reibungslos. Natürlich wird aber der komplette Verkehrsfluss ausgebremst. Und so gilt als größter Kritikpunkt des All-way stops der durch ihn verursachte erhöhte Zeitbedarf und Spritverbrauch, weswegen auch in den USA zunehmend mit Kreisverkehren experimentiert wird. In Salt Lake habe ich zwar noch keinen solchen gesehen, es soll aber auf dem Universitäts-Campus einen geben.

Die größte Umstellung für mich bedeutete beim Fahren allerdings wohl die Handhabung des Überholens in den USA. Die Regeln erlauben nämlich auf mehrspurigen Straßen das Passieren auf beiden Seiten – links und rechts. Wer also auf dem Interstate (dem amerikanischen Gegenstück zur Autobahn) die Spur nach rechts wechselt, sollte dabei besonders aufmerksam sein.

An dieser Stelle verlassen wir die Straße, unser Tank ist nämlich inzwischen leer (geht schnell bei den hiesigen großen Autos mit Automatik-Getrieben). Wir fahren also die Tankstelle an und stellen schon die nächste Besonderheit fest: Bezahlen nach dem Tanken ist unüblich. Das heißt natürlich nicht, dass man überhaupt nicht bezahlt. Man hat stattdessen meistens die folgenden Möglichkeiten: Entweder man bezahlt vor dem Tanken einen festen Betrag und genau die entsprechende Menge Sprit wird dann von der Zapfsäule freigegeben. Man sollte also ziemlich gut schätzen können, wieviel in den Tank passt oder man muss darauf hoffen, dass man am Ende sein überschüssiges Geld zurückbekommt. Oder aber man bezahlt direkt am Zapfsäulen-Automaten mit Kreditkarte. Das funktioniert im Allgemeinen jedoch nur mit einer Kreditkarte, auf der ein ZIP code (also eine amerikanische Postleitzahl) hinterlegt ist. Auf unserer Nationalpark-Tour hatten wir dreimal Glück: Zweimal wurde auch die europäische Kreditkarte akzeptiert und einmal fand ich einen freundlichen Kassierer, der mir gestattete, ganz im europäischen Stil hinterher und in cash zu bezahlen.

Ach ja, auch die US-Bürger klagen über viel zu hohe Spritpreise. Dazu eine kleine Rechnung: Der Preis für die Gallone Super liegt hier gerade bei rund $ 2.80. Setzt man einen Wechselkurs von einem Euro zu 1,36 Dollar an, wie er im Moment in etwa gilt, so kommt man …

… richtig, auf ca. 54 (Euro-)Cent pro Liter – ein Preis, der mir, meinen amerikanischen Freunden zum völligen Unverständnis, beinahe die Freudentränen in die Augen trieb.

Was sollte man sonst noch wissen? Möchte man in den USA von A nach B kommen, sollte man etwas mehr Zeit einplanen als in Deutschland. Zum einen deshalb, weil auf den State Routes und Interstates immer Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten. Die Begrenzungen werden in regelmäßigen Abständen angezeigt, sodass ich bis heute nicht weiß, ob es überhaupt eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit gibt. Geschwindigkeitsbegrenzungen werden übrigens immer in MPH (miles per hour) angegeben – umgerechnet in Kilometer pro Stunde also etwa das 1,6-fache der angezeigten Zahl. Umrechnen ist in den meisten Fällen aber unnötig, da ja die Tachos ebenfalls in MPH skalieren. Zum anderen sollte man aber auch etwas mehr Zeit mitbringen, weil das Land einfach so viel größer ist als Deutschland. Schon allein unserere Nationalpark-Tour, bei der wir ja den Staat Utah nicht verließen und uns "nur" von dessen Norden in seine südliche Mitte begaben, bedeutete eine einfache Strecke von 500 Kilometern.

Bis auf weiteres bin ich aber jetzt, nach Rückgabe des Mietwagens, wieder auf meine zwei Beine, mein Zweirad oder die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, sodass ich mir über solche Distanzen im Moment keine Gedanken machen brauche.

Bon voyage!

Noch 55 Tage

3 Kommentare:

  1. Der Vollständigkeit sollte hier erwähnt werden, dass es auch in Deutschland Kreuzungen bzw. Einmündungen gibt, an denen die Ampel hinter der Kreuzung bzw. Einmündung steht. Und anhalten muss man immer, auch in Deutschland, nicht an der Ampel sondern am dicken weißen Strich. So genug der Klugsch****** ;-)

    Gruß
    Thomas

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  2. Ich mag auch noch Klugscheißen: Die Situation beim All-way stop, dass man sich mit Handzeichen verständigen muss, wer als erster fahren darf, gibt es natürlich auch in Deutschland, z.B. bei der Kreuzung Bergstraße, Goethestraße, Neuenstädter Straße in ... na, Du weißt schon ;)

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  3. @Thomas: Okok, so sei es … :-)
    @Alex: Die Kreuzung ist mir wohlbekannt – allerdings funktioniert hier der All-way stop ganz ohne Stoppzeichen

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