Donnerstag, 12. November 2009

Das Projekt, Teil 1

Nachdem ich mich heute zum ersten Mal wirklich tiefgehend mit dem Thema des Projekts auseinandergesetzt habe, das Grundlage meiner Diplomarbeit werden soll, ist es an der Zeit, ein paar Worte darüber zu schreiben. Worum soll es also die nächsten Monate für mich gehen?

Hier die Kurzfassung für alle Medizininformatikerinnen und -informatiker unter uns, die danach eigentlich nicht mehr weiterlesen müssen: Meine Aufgabe ist die weitestgehende Automatisierung der Segmentierung des äußeren und inneren Lumens der Arteria carotis communis und Arteria carotis interna in T1-gewichteten, als 2D-Serien akquirierten MRT-Aufnahmen, die sich aus Einzelschnitten parallel zur Transversalebene zusammensetzen.

Zugegeben, ich habe versucht, den Sachverhalt möglichst einfach kompliziert zu formulieren, was mir hoffentlich gelungen ist. Worum geht es also wirklich? Dazu muss ich ein bisschen ausholen:

Hintergrund meines Projektes ist eine Studie, bei der festgestellt werden soll, inwiefern Gefäßverengungen durch bestimmte Ablagerungen, die vor allem bei älteren Personen auftreten, mit verschiedenen Krankheiten zusammenhängen (die sprichwörtliche Verkalkung, die aber nicht immer etwas mit Kalk zu tun hat). Genauer gesagt geht es um Ablagerungen in der Arteria carotis, besser bekannt als Halsschlagader. Das sind die beiden Adern links und rechts am Hals, an denen man besonders gut den Puls fühlen kann. Warum ist ausgerechnet die Halsschlagader das Thema dieser Studie? Dazu muss man wissen, dass diese Arterie (bzw. die aus ihr entstehenden Gefäße) für die Blutversorgung des Kopfes und damit auch des Gehirs zuständig ist. Man kann sich sicherlich gut vorstellen, dass Verengungen oder gar Verstopfungen in diesen Adern erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben können.

Ein Ziel der Studie ist es nun, festzustellen, ob bestimmte Arten von Ablagerungen, von denen es ganz unterschiedliche gibt, ein besonders hohes Risiko für bestimmte Krankheiten darstellen. Dazu werden Personen gesucht, die unter den gesuchten Krankheitssymptomen leiden und zusätzlich vergleichbare Personen (also ähnlichen Alters, ähnlicher Herkunft usw.), die beschwerdefrei sind. Diese Personen werden dann in Magnetresonanztomographen untersucht um feststellen zu können, ob bei den kranken Personen andere Ablagerungen auftreten als bei den Gesunden und ob sich daher ein Zusammenhang zwischen Krankheit und Art der Ablagerung feststellen lässt. (An alle MIler: Na, welcher Studientyp ist das?) Es ist nicht wichtig zu wissen, was so ein Tomograph ist oder wie er funktioniert, wichtig ist nur, dass man damit Bilder des Körperinneren erhalten kann, so als würde man die Personen vom Kopf bis zum Fuß in dünne Scheibchen schneiden.

Wie aber stellt man jetzt fest, welche Ablagerungen bei wem auftreten? Dazu werden die einzelnen Schichten (wie man korrekterweise zu den Scheibchen sagt) vermessen. Man nimmt also jede einzelne Schicht, die ein bisschen idealisiert ungefähr so aussehen (das Schwarze in der Mitte ist das Innere der Ader, sprich, das Blut, der hellgraue Bereich ist die Aderwand und das Dunkelgraue außenrum alles andere):



… und markiert darin das Äußere und das Innere der Gefäßwand, ungefähr so (man beachte die blaue und rote Linie):



Dieses Markieren nennt sich Segmentieren, weil man damit das Bild in einer für den Computer verständlichen Form in verschiedene Bereiche (Segmente) einteilt. Wenn man diese Markierungen in allen Schichten einer Aufnahme, einer so genannten Sequenz, angebracht hat, kann man daraus per Computer die Form der Ader berechnen. Gibt es in der Ader Ablagerungen, so ist die Aderwand (das Hellgraue) verdickt und der Innenraum (das Schwarze) verkleinert. Hat man die Form der Ader berechnet und enthält diese Ader solche Ablagerungen, so kann man aus der Form der Ader auf die Art der Ablagerung schließen – und damit dann wiederum versuchen, Zusammenhänge mit bestimmten Krankheitssymptomen herzustellen (siehe oben).

Wo komme ich jetzt ins Spiel? Bisher wird in der beschriebenen Studie bei allen Bildern der äußere und innere Gefäßrand von Hand am Computer markiert (manuell segmentiert). Mit anderen Worten: Jemand sitzt da und klickt mit der Maus Punkte auf dem Bild an, die den Verlauf der Ränder möglichst gut treffen sollen. Eine Serie vom Hals einer Person besteht dabei aus ungefähr 25 Bildern, pro Bild sind vier Linien zu ziehen (zwei Halsschlagadern, jeweils innerer und äußerer Rand) – mit ein bisschen Übung schafft man eine solche Serie anscheinend in etwa 20 Minuten. (Ich habe mich heute auch mal daran versucht und mehr als doppelt so lang gebraucht …) Der Grund für die lange Dauer liegt unter anderem darin, dass die Bilder nicht so aussehen, wie oben dargestellt, sondern eher so:



Man möchte diesen zeitraubenden Prozess der Segmentierung nun weitgehend automatisieren, das heißt, der Computer soll selbst die Gefäßränder finden und die Linien ziehen.

Über dieses Thema haben sich schon einige Leute den Kopf zerbrochen und sind zu verschiedenen Lösungen gekommen, die sich natürlich in der Güte der Segmentierungs-Ergebnisse unterscheiden, aber vor allem auch in ihrer Komplexität (und damit in der Dauer, die der Computer braucht, um zu eigenen Ergebnissen zu kommen). Meine Aufgabe ist es nun, verschiedene solcher Ideen auszuimplementieren (also in "Computersprache" zu übersetzen) und auszuprobieren, wie gut sie ihre Arbeit machen, ob ihre Ergebnisse mit den von Hand gezeichneten Gefäßgrenzen mithalten können oder ob sie sogar besser sind – und mir zu überlegen, wie man die Ideen noch anpassen bzw. abändern könnte, damit die Ergebnisse noch besser werden. Ich werde berichten.

Guten Morgen, Deutschland. Guten Morgen, Utah!

5 Kommentare:

  1. (An alle MIler: Na, welcher Studientyp ist das?)
    Äh, äh, darf ich? Fall-Kontroll-Studie :)

    Und blockquote ist nicht erlaubt :(

    AntwortenLöschen
  2. @Benjamin: Auf Zitate in Kommentaren habe ich leider keinen Einfluss (vielleicht finde ich auch nur die Einstellung nicht)

    @Anonym (wer auch immer du sein magst): War das jetzt ironisch, erhellend – oder wie soll ich das "Aha" deuten?

    AntwortenLöschen
  3. Hallo,
    ich vermisse noch immer die versprochene Funktion des auf den Anrufbeantworter vorlesen lassens.....
    Gruß
    Anonym;-)

    AntwortenLöschen